Freitag, 3. Oktober 2008
Ben Stillers 'Tropic Thunder' im Kino
Der abgehobene, aber nicht übermäßig helle Superstar Tugg Speedman (Ben Stiller) steckt in der Krise. Sein Behinderten-Drama „Simple Jack“ brachte ihm statt einem Oscar Hohn, Spott und einen Riesenreinfall an der Kinokasse. Nachdem der Wechsel ins ernste Fach katastrophal missglückt ist, will Speedman wieder an alte Erfolge anknüpfen. In Südostasien soll das teuerste Vietnamkriegs-Drama aller Zeiten entstehen. Der heimlich drogensüchtige Comedy-Star Jeff Portnoy (Jack Black) versucht derweil, sein ramponiertes Image aufzupolieren, während der fünffache Oscar-Preisträger Kirk Lazarus (Robert Downey Jr.) zum ganz großen Schlag ausholen will. Der australische Method-Actor lässt sich für die Dreharbeiten die Haut pigmentieren, um die Rolle als farbiger Amerikaner spielen zu können. An ihrer Seite stehen der schwarze Rapstar Alpha Chino (Brandon T. Jackson) und der Nachwuchsschauspieler Kevin Sandursky (Jay Baruchel). Doch die Produzenten bekommen kalte Füße und wollen das Projekt stoppen. Da entschließt sich Debüt-Regisseur Damien Cockburn (Steve Coogan) zu einer radikalen Maßnahme. Er dreht im Guerillastil mit im Dschungel versteckten Kameras auf eigene Faust weiter. Aber schon nach kurzer Zeit bekommt der Filmemacher ein existenzielles Problem. Die Schauspieler sind nun auf sich allein gestellt. Dumm, dass sie in einen Drogenkrieg geraten und für eine amerikanische Spezialeinheit gehalten werden.
Quelle: filmstarts.de


Ben Stiller zeigt bereits in den ersten 10 Minuten, was er anstellt, wenn man ihm 70 Millionen Dollar zum Spielen gibt. Er zündet ein Feuerwerk an geschmacklosen Gags und sprengt mal eben den halben Dschungel in die Luft. Dabei liefert er eine giftige Satire auf Klassiker wie "Apokalypse Now" und "Platoon" (die große Sterbegeste vom Cover), bei der nicht wenig Gedärme fliegen. Allerdings ist "Tropic Thunder" nicht nur Kriegsfilm Satire, sondern vielmehr eine Bloßstellung der gesamten Film Branche und seinen Mechanismen.
Stiller kennt als Regisseur dabei keine Geschmacksgrenzen und massakriert Pandas, schleudert meuchelnde Kinder durch den Dschungel und leckt einen frisch abgehackten Kopf aus, um zu beweisen, dass alles nur Show ist. Er ist äusserst schmerzfrei bei der Wahl des Niveaus. Gleichzeitig ist es immer wieder Hollywood, das kräftige Breitseiten bekommt (Running Gag: was für Behinderte muss man für einen Oscar spielen). Die Schlagzahl der Insider und Anspielungen auf andere Filme ist derart hoch gehalten, dass man sie beim ersten Schauen gar nicht alle erfassen kann.



Für seine Verarsche mobilisiert Stiller ein Arsenal an Star Cameos, das seinesgleichen sucht (wikipedia.org zählt 15 Personen, die sich selbst spielen). Auch die Nebenrollen explodieren förmlich in ihrem aufgedrehten Spiel (Nick Nolte, Danny McBride und - natürlich - der viel gelobte Tom Cruise als schmieriger Studioboss). Vergleichsweise introvertiert gibt Robert Downey jr den Australier, der den schwarz pigmentierten Amerikaner kopiert. Sein punktgenaues Spiel ist es aber, das ihn vom überdrehten Auftritt der Kollegen schon wieder abhebt. Zu denen gehören Jack Black als Drogenjunkie und der Regisseur Stiller selbst. Bei den beiden hat man allerdings das Gefühl, dass sie ihre stereotypische Klischee-Rollen herunterspielen, und das sogar ziemlich lustlos. Man bekommt hier deutlich den Eindruck, dass die Figuren insgesamt zum Abziehbild der zu erwartenden Standards verkommen, die nur die Ansammlung an Gags zusammenhalten. Das Pointen-Gewitter gibt der Handlung gleichzeitig eine Oberflächlichkeit, aus der man vielleicht noch mehr hätte rausholen können, wie z.B. die maßlos unterschätzte Satire "Lieblingsfeinde" vormacht. Trotzdem liegt "Tropic Thunder" meilenweit über der Qualität der üblichen "Movie"-Parodien - vor allem der letzten Zeit ("Epic", "Date", "Meet the Spartans").
PS Den angekündigten Film "Satan's Alley" mit Robert Downey jr und Tobey Maguire hätt ich jetzt schon gern gesehen ;-)
Bewertung: 7/10 (Moviepilot Prognose 8)


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25 Stunden (2002)
Monty Brogan (Edward Norton) ist als Drogenhändler zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Zu Beginn des Filmes steht er in der Situation, in 25 Stunden die Haftstrafe antreten zu müssen. Im Laufe des Tages nimmt er Abschied von seinem Vater, seiner Freundin, seinen Freunden und seinem Auftraggeber. Alle haben sie eigene Probleme mit sich und der Situation. Sein Vater (Brian Cox) appelliert an seinen Sohn, sich der Gefängnisstrafe zu entziehen, seine Freundin (Rosario Dawson) hat ihn vielleicht an die Polizei verraten, sein Auftraggeber, den Monty nicht verraten hat, bietet ihm an, den Vater zu unterstützen, Monty möchte sich allerdings der Szene entziehen. Seine beiden ältesten Freunde, der Lehrer Jacob (Philip Seymour Hoffman), der in seine Schülerin Mary verliebt ist, und der zynische Broker Frank (Barry Pepper), haben eigene Probleme in ihrem Leben. Einzig ihre Freundschaft gibt ihnen noch Halt. Beide bittet Monty um einen letzten Gefallen.

Vermutlich hatte "25 Stunden" anfangs nur die letzten Momente in Freiheit zum Thema, bis nach dem 11.09. der Terror überlaut im Skript einschlug und bereits im Vorspann als New York mit zwei Lichtern statt der Twin Tower thematisiert wird. Auch wenn die Verbindung der beiden Themen sehr aufgesetzt wirkt, sind genau die Szenen, die sich voller Wut mit dem New York nach dem Anschlag beschäftigen, die stärksten Momente des Films. Wenn Edward Norton, in seiner besten Rolle nach "Fight Club", vor dem Spiegel eine Wutrede gegen das neue New York hält (und dabei offenkundig an Robert De Niros "Taxi Driver" erinnert), wirkt das wie eine verzweifelte Sympathiebekundung. Wenn Philip Seymour Hoffman und Barry Pepper auf den Ground Zero herabblicken und fast aus ihrer Rolle fallen, merkt man den physischen Knacks der Beteiligten so kurz nach der Zerstörung. Auch der Monolog des Vaters zum Schluß, der Nortons Wutrede inhaltlich umkehrt, ist eine offen getragene patriotische Liebeserklärung. Entscheidend getragen wird die bedrückende Atmosphäre durch den schweren Score zwischen Jazz Elementen und pakistanischen Einflüssen (Qwwali-Musik?). Über Edward Norton (und seiner ebenso genialen Synchronstimme von Andreas Fröhlich) muss man sicher ebenso wenig sagen wie über die erlesene Auswahl der Nebendarsteller. Die Frage, inwieweit das Ende des Films zu pathetisch und unpassend ausgefallen sein könnte, halte ich dabei nicht einmal für so wichtig. Schließlich tritt die eigentliche Haupthandlung ohnehin behäbig auf der Stelle und wäre ohne die kraftvollen Einzelszenen fast belanglos. Als Abschluß des atmosphärisch dichten Films über New York ist der Abgesang zumindest konsequent und sorgt für Gänsehaut.
Bewertung: 7,5/10


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