Montag, 1. Dezember 2008
DVDs Reloaded
David Finchers 'Fight Club' (1999)
Das Leben in der Großstadt: Unzählige Singles führen eine geregelte Existenz mit (am besten gleich mehreren) Jobs. Viele suchen den besonderen Kick. Von sexuellen Perversionen bis zu Gewalttaten gibt es alle Varianten, die nur ein Ziel haben: der Flucht vor der Langeweile des Alltags. Viele haben Angst vor der Durchschnittlichkeit. "Fight Club" handelt genau von dieser Angst.
Der Erzähler (Edward Norton) ist ein durchschnittlicher Single in einer ebenso durchschnittlichen US-Großstadt, hat einen guten Job, sieht ganz passabel aus und bewohnt ein ordentliches Apartment. Er könnte symbolisch stehen für die meisten von uns. So perfekt sein Leben auch zu sein scheint, die Durchschnittlichkeit langweilt ihn. Ihm fehlt der Kick, der ihn von den der Öde ablenkt.
Nach unzähligen schlaflosen Nächten und freiwilligen Therapiesitzungen mit Sterbenskranken, trifft er (zufällig?) den abgedrehten Tyler Durden (Brad Pitt) und entdeckt eine neue Leidenschaft: Aggressionsabbau durch Prügeleien. Die Passion ist aber nicht der Kampf, sondern der Schmerz als Fetisch. Als sie immer mehr Anhänger finden, gründen sie den Fight Club. Der Club bekommt ungeahnten Zulauf und eine Armee aus schmerzunempfindlichen Durchschnittstypen wächst aus dem Boden. Der einzige, der diese unter Kontrolle hat ist Tyler Durden - doch wer hat ihn unter Kontrolle? ...
Der Film vom Kult-Regisseur David Fincher ("Sieben", "Alien3") ist ein voller Schlag in die Magengegend all derer, denen es in der Großstadt genauso geht wie dem Erzähler. Für den Zuschauer vom Land wird er nicht mehr sein als ein packender Psychothriller, aber viele Menschen aus der Großstadt werden sich die Frage stellen, inwieweit sie den Erzähler und seine Motive nicht zu gut nachvollziehen können, bis er dann zu ihrem Entsetzen auf der Suche nach dem ultimativen Kick immer tiefer in einen Sumpf von Wahnsinn versinkt. Der Erzähler ist einer von uns - Fincher lässt keine Distanzierung zu. Nur wie soll unsere Flucht aus dem Alltag enden? (Kommentar 06/2000) ... Bewertung: 10/10


... link (0 Kommentare)   ... comment


Mrs. Ratcliffe's Revolution (2007)
Yorkshire, in den 60er Jahren: Frank Ratcliffe ist Englischlehrer und Kommunist aus Überzeugung. Dorothy Ratcliffe ist Hausfrau und Mutter. Zusammen mit ihren Kindern begeben sie sich auf eine abenteuerliche Reise ostwärts, als Frank eine Stelle in der DDR angeboten bekommt. Anfangs scheint die Welt noch in Ordnung, aber ziemlich bald hat Mrs. Ratcliff die Nase voll von Bevormundung, verbotenen Schallplatten, liebestollen FDJ-Sekretärinnen, neugierigen Stasi-Spitzeln und nicht gekennzeichneten Minenfeldern. Sie will zurück in den Westen, doch für die frischgebackenen DDR-Bürger ist dieses Vorhaben leichter gesagt als getan. Nur gut, dass Dorothys Nachbarin nebenberuflich als Fluchthelferin abreitet - zusammen planen die Hausfrauen den großen Coup ...

"Mrs. Ratcliffe's Revolution" ist eine britisch-ungarische Produktion nach wahren Begebenheiten und mit deutschen Darstellern (Heike Makatsch, Alexander Scheer, Katharina Thalbach). Der Film möchte die (ost-)deutsche Vergangenheit aus der Sicht von Aussenstehenden darstellen, was ihm im Vergleich zu deutschen Produktionen wie "Sonnenallee" jedoch nur teilweise gelingt. Von den Schauspielern überzeugt vor allem Catherine Tate als etwas verquere Mutter, aber auch Katharina Thalbachs Rolle als Hinterhof-Deutsche hat einen gewissen derben Charme. Trotzdem fehlt es der Komödie am letzten Biss. Die humorvollen Episoden sorgen allenfalls für ein Schmunzeln, bremsen aber gleichzeitig die eigentliche Geschichte aus. An Spannung mangelt es - trotz "Republikflucht" - insgesamt, so dass man der halbherzigen Geschichte irgendwann nur noch recht lustlos folgt. Und eine Ballon-Flucht gab es doch viel spektakulärer Ende der 70er?
Bewertung: 5,5/10


... link (0 Kommentare)   ... comment


Kalt ist der Abendhauch (2000)
Fast ein ganzes Leben wartet Charlotte auf den Mann, von dem sie weiß, dass er der Richtige für sie ist: Hugo, der Mann ihrer Schwester. Sie lebt ihr eigenes Leben, übersteht den Krieg, Ehemann und Liebhaber, wird dreifache Mutter, hat im wahrsten Sinne des Wortes eine Leiche im Keller und trifft am Ende ihrer Tage, nun schon über 80, ihre große Liebe wieder. Die Erfüllung dieser Leidenschaft liegt in der Bestätigung: Auch Hugo hat - zu spät - erkannt, dass es nur eine wirkliche Liebe in seinem Leben gab.

Wird das Ingrid Noll-Buch von 1996 noch als Kriminalroman bezeichnet, ist die Verfilmung ein generationsübergreifendes Melodram, das von der Jugend der Hauptfigur Charlotte erzählt und dabei manches Drama vor geschichtlichem Hintergrund zeigt. In der Gegenwart angekommen schwankt die Geschichte um die rüstige Rentnerin und der Begegnung mit ihrer Jugendliebe zwischen Tragik und liebevolle Farce. Wirkt die Richtung des Films insgesamt etwas unstet und sprunghaft, machen das die schauspielerischen Leistungen der Darsteller, Fritzi Haberlandt und August Diehl als junges sowie Gisela Trowe und Heinz Bennent als altes Paar, wieder wett. Regisseur Rainer Kaufmann ("Die Apothekerin") ist auf jeden Fall ein warmherziges und liebevoll fotografiertes, wenn auch etwas sprödes Zeitdokument deutscher Geschichte gelungen.
Bewertung: 6/10


... link (0 Kommentare)   ... comment