Montag, 29. September 2008
'Die Brücke' - Peinliches Remake auf Pro7
April 1945 – Hitlerdeutschland steht vor der Kapitulation. Die Wehrmacht mobilisiert die letzten Kräfte, unter ihnen auch sieben 16-jährige Schüler: Walter (Lars Steinhöfel), der überhebliche Frauenheld und Sohn des örtlichen NSDAP-Vorsitzenden, will es seinem herrischen Vater (Michael Lott) zeigen. Er hat Walters heimliche Liebesbeziehung mit seiner Lehrerin verraten. Die engagierte Pädagogin riskiert alles, um ihren jungen Geliebten von dem sinnlosen Unterfangen fernzuhalten – doch Walter will sich als Gruppenführer durchsetzen. Der zurückhaltende Albert (François Göske) hat in seiner Heimatstadt im Bombenhagel den Bruder verloren und bei der Familie der hübschen Mitschülerin Paula (Paula Schramm) als Flüchtling Unterschlupf gefunden – und die erste große Liebe. Vom Krieg will er eigentlich nichts wissen. Doch bald wird er von Walters draufgängerischer Art mitgerissen. Siegi (Florian Heppert), Jürgen (Daniel Axt), Karl (Toni Deutsch), Ernst (Alexander Becht) und Klaus (Robert Höller) wittern vor allem das große Abenteuer. Gemeinsam sollen die Freunde die Brücke vor den Toren der Stadt verteidigen. Was als unwichtige Mission geplant war, entpuppt sich schnell als Kampf um Leben und Tod: Die Amerikaner rücken näher und eröffnen das Feuer ...



Bernhard Wickis Antikriegsfilm "Die Brücke" aus dem Jahre 1959 gilt als einer der größten Filme der deutschen Geschichte. Unzählige Auszeichnungen sammelten sich über die Jahre, inklusive eines Golden Globes und einer Oscar-Nominierung. Insofern ist es schon ein mutiger Frevel, sich als Fernsehsender an eine Neuverfilmung zu wagen.
Pro7 bringt den Mut auf und überhebt sich erwartungsgemäß gewaltig mit einer Verfilmung, bei der so gar nichts stimmen will. Schon gar nicht die Atmosphäre, die zu keiner Sekunde das Gefühl aufkommen lässt, dass man sich in den 40er Jahren und im Krieg befindet. Eher wirkt alles als wären ein paar coole Jungs auf dem Truppenübungsplatz und testen den Notfall - Kriegsspielen für Halbstarke im Viva-Jargon. Die erste Stunde passiert gar überhaupt nichts, ausser dass ein feindlicher Flieger nichts besseres zu tun hat als Frau und Teenie durch die Landschaft zu jagen. Aber statt die Zeit zur Einführung der Jungs zu nutzen, bleiben die Figuren allesamt blass und sehr oberflächlich gezeichnet - wenn überhaupt. Offenbar wollte Pro7 seine Entertainment-Zielgruppe nicht mit Tiefe überfordern.
Die jungen Darsteller wie François Goeske ("Die Schatzinsel") und Lars Steinhöfel ("Unter uns") mühen sich teilweise recht ansehnlich. Man kann ihnen sicher nicht zum Vorwurf machen, dass sie ein Drehbuch zum Leben erwecken sollen, was sich auf moderne Klischees, platte Dialoge und - im letzten Drittel - viel Krawall konzentriert. Dass man dabei unzählige Ungereimtheiten in Kauf nehmen muss, kommt erschwerend hinzu (nur ein Beispiel: ein Lastzug voller verletzter Soldaten fährt designiert an den Jungs vorbei, die nur wenige Minuten später von den Amis angegriffen werden - nicht dass einer vom vorbeigezogenen Zug reagiert).
Statt sich ein bißchen um Authenzität zu kümmern, hämmert man gewaltsam eine Love Story in die Handlung, die - wie schon in der TV-Verfilmung der "Schatzinsel" - überhaupt nicht zur Geschichte passen will. Und damit das Schlimmste überhaupt: die aufgezwungene Nebenhandlung mit Franka Potente als nervige Lehrerin, die sich mit allen Mitteln gegen die Armee zur Wehr setzt, um ihre Jungs (und den eigenen Liebhaber?) von der Front zu holen. Der erste - und nicht einzige - Tiefpunkt dieses Machwerkes, wenn sie vor Ort den Jungs zur Aufgabe überreden will und mit Waffengewalt vertrieben wird, nachdem die schon ihren Vorgesetzten halbstarkmäßig die Brücke kopfüber herunterhingen liessen. "Einfach nur erbärmlich – oder schon gemeingefährlich?", titelt Spiegel Online schon vorab zum Sendetermin. Warum Franka Potente, die immerhin schon mal Hollywood Luft schnuppern durfte, sich für diese Peinlichkeit hergab? "Weil ich finde, dass ein Film, der mit Zivilcourage zu tun hat, auch heute wichtig ist". Vielleicht wäre es couragierter gewesen, "Nein" zu dieser filmischen Peinlichkeit zu sagen!
Bewertung: 1,5/10


N A C H T R A G:
Ist es nur mutig oder schon eine maßlose Frechheit, dass Pro7 zur nächtlichen Stunde (und vor der Wiederholung des Plagiats) das kompromislose Original von 1959 einschiebt, um im direkten Vergleich zu entblößen, wie sehr die Kopie gescheitert ist ... Bewertung (Original): 9/10

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