Montag, 28. April 2008
Verwünscht ... bezaubernd!
Es war einmal ... So beginnen viele schöne Disney-Zeichentrickmärchen über bildhübsche Prinzessinnen und mutige Prinzen, die mit herzergreifenden Liedern und niedlichen sprechenden Tieren unsere Kindheit erfreuten. Doch was passiert, wenn genau diese heile Zeichentrickwelt und ihre fast kitschig anmutenden Märchenfiguren aus vergangenen Zeiten durch einen bösen Zauber im New York von heute landen? So geschieht es in "Verwünscht": Die böse Königin Narissa (Susan Sarandon) verbannt Märchenprinzessin Giselle (Amy Adams), ihre ungeliebte zukünftige Schwiegertochter, am Tag ihrer Hochzeit in "die Welt ohne Happy End". Die Prinzessin im Brautkleid trifft am Times Square auf einen typischen New Yorker Scheidungsanwalt und Single: Robert (Patrick Dempsey) denkt, sie sei einem Kitschroman entsprungen. Als Märchenprinz Edward (James Marsden) in unserer Welt auftaucht, um seine Angebetete in ihr Märchenreich Andalasien zurückzuholen, ist das Chaos perfekt ...



Dieser Film ist sowas von Disney! Bereits die ersten 10 Minuten vereinen Klischees der klassischen Disney-Filme im Minutentakt und zitieren Motive aus Cinderella, Schneewittchen bis Bambi. Im Realfilm geht es Schlag auf Schlag weiter mit kitschig überzuckerten Momenten, wie man sie aus unzähligen Familienfilmen des Unternehmens kennt und die bis in die 90er sein Markenzeichen waren. Wenn die Prinzessin dann auch noch schnulzige Schmachtfetzen im Park singt und alles tanzt und swingt (oder eine Schar von Tieren die Wohnung zum fröhlichen Gesang putzt und reinigt), dann fühlt man sich endgültig in einem Traumfabrikat der 50er und 60er versetzt ("Mary Poppins" lässt grüssen). Dabei wird das Ganze derart überzeichnet, dass man sich zwar in Zuckerwatte eingebettet fühlt, aber den Kitsch trotzdem nie wirklich ernst nehmen kann. Immer wieder werden die Szenen mit einem derart süssen Augenzwinkern inszeniert, dass man sich nur wohlfühlen kann. Und Amy Adams ist als naive Märchenprinzessin einfach nur liebenswert und bezaubernd. Fazit: "Verwünscht" ist großartig altmodisches Märchenkino wie es sein sollte - und wie es eigentlich nur von Disney kommen kann!
Bewertung: 8/10 (Moviepilot Prognose 7)


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Fata Morgana
Beim Marokko-Urlaub, den sich Daniel (Matthias Schweighöfer) und Laura (Marie Zielcke) nach seinem bestandenen Examen gönnen, mieten die beiden einen Jeep und unternehmen einen Ausflug in die Sahara. Sie verlassen die Pisten, lieben sich in den Dünen und müssen feststellen, dass der Wagen nicht mehr anspringt. Die Verzweiflung des deutschen Paares wächst, bis aus dem Nichts ein namenloser Fremder (Jean-Hugues Anglade) auftaucht, das Fahrzeug repariert und verspricht, die beiden in die Zivilisation zurückzuführen. Dabei führt sein Weg immer tiefer in Wüste.

Der Eigenbrödler und die Zicke lassen sich von dem coolen Schweiger durch die Wüste jagen. So wenig wie die Personen sich etwas zu sagen haben, so nichtssagend ist auch der Film, der Konflikte weder vernünftig aufbauen kann noch sie zu lösen weiß. Der mysteriös anmutende Plot strandet irgendwo im Niemandsland.
Bewertung: 3/10 (Moviepilot Prognose 6,5)


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Samstag, 26. April 2008
Madonnas HARD CANDY
MADONNA IS BACK!

Und das mit lautem Knall direkt an die Spitze aller weltweiten Charts. Der Electro HipHopper "4 Minutes" räumt ab was man nur abräumen kann und landet auch in Deutschland auf Platz 1 aller nur erdenklichen Hitlisten - inkl. der Media Control Verkaufscharts. Nicht ganz unbeteiligt ist der z.Z. erfolgreichste Produzent Timbaland und dessen Lieblingsschützling Timberlake als gefeatured Sänger.

Nach unzähligen Gerüchten und Faketracks, die durchs Internet geisterten, gibt es nun auch offiziell das neue Album mit dem zweideutigen Titel "Hard Candy". Und da hat neben Timbaland auch Pharrell Williams seine Finger im Spiel. Pharrell hat (als eine Hälfte des Produzenten-Teams The Neptunes) quasi jeden HipHop Hit der letzten Zeit geschrieben, bei dem Timbaland nicht beteiligt war.

Somit hat Madonna wieder einmal das aktuell Beste vom Besten am Start. Dass sie dabei einmal mehr ihre eigene Identität für den Erfolg zurückstellt, mag angesichts des Hitpotentials verzeihlich, macht sie aber auch ein Stück weit austauschbar mit all den anderen Projekten dieser Produzenten.

Herausgekommen ist eine Mischung aus coolen Uptempo HipHoppern ("Candy Shop" - "Beat goes on" - "Dance 2night"), vereinzelten Provokationen ("Voices" - 'Who`s Master who`s Slave') und einigen verspielten Füllnummern ("Give It 2 Me" - "Heartbeat" - "Spanish Lessons"). Ausserdem gibt es zwei Lowtempo Tracks, die zwischen Smooth ("Miles away") und Gänsehautfaktor ("Devil Wouldn't Recognize You") arrangiert sind. Bemerkenswert sind dabei in mehreren Stücken Tempo- und Stilwechsel etc, wie man sie schon von Justins "Future Sex Love Sounds" kennt. Höhepunkte auf "Hard Candy" sind für mich neben dem Smasher "4 Minutes" der fröhliche Electro Track "Incredible" und das funky "She's Not Me", das sich mittendrin mal eben zur Uptempo Nummer wandelt.

Sicher wäre es vermessen, "Hard Candy" als innovativ zu bezeichnen. Zu sehr haben die Pharell und Timbaland Sounds die weltweiten Charts der letzten Jahre bestimmt. Zu sehr biedert sich Madonna mit den Erfolgs-Produzenten an den amerikanischen Markt an, auf dem sie seit ihrer gesanglichen Kritik am Irak-Krieg ("American Life") ziemlich verpöhnt war. Und zu sehr erinnern Aufmachung und Verpackung der "neuen" Madonna als SM-Braut an die frühen 90er mit "Erotica".

Aber Madonna ist immer noch die Queen in einer eigenen Liga (oder wie Robbie Williams sang: 'But face it she IS Madonna'). Die fast 50jährige weiß genau, wie man den Finger am Puls der Zeit hat und wie man Kunst(form) und Kommerz perfekt miteinander vermischt. Der weltweite Erfolg ist ihr damit ein weiteres Mal sicher, denn 'phat' ist das Album auf jeden Fall - sogar 'superphat' ...
Also Boxen aufgedreht und ab in den Sommer!



Trackliste Hard Candy:

1. Candy Shop (producers: Madonna & Pharrell)
2. 4 Minutes [feat Justin] (producers: Madonna, Timbaland & Danja)
3. Give It 2 Me (producers: Madonna & Pharrell)
4. Heartbeat (producers: Madonna & Pharrell)
5. Miles Away (producers: Madonna, Timbaland & Danja)
6. She's Not Me [feat Wendy] (producers: Madonna & Pharrell)
7. Incredible (producers: Madonna & Pharrell)
8. Beat Goes On [feat Kanye West] (producers: Madonna & Pharrell)
9. Dance 2night [feat Justin] (producers: Madonna, Timbaland & Danja)
10. Spanish Lesson (producers: Madonna & Pharrell)
11. Devil Wouldn't Recognize You (producers: Madonna, Timbaland & Danja)
12. Voices [feat Justin] (producers: Madonna, Timbaland & Danja)

Auf speziellen Ausgaben sind außerdem enthalten:
1. 4 Minutes [Tracy Young's House Radio] (Special Edition)
2. 4 Minutes [Rebirth Remix Edit] (Special Edition)
3. Give It 2 Me (Paul Oakenfold Edit) (Exklusiv auf Special Edition des Downloadalbums, zuvor als "Secret Bonus [Remix]" bekannt)[6]
4. Ring My Bell (Bonustrack in Japan/Exklusiv bei Vorbestellung des Downloadalbums)

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Madonna stößt in neue Marketing-Sphären vor
Früher folgte die Veröffentlichung eines neuen Albums dem Prinzip der Premierenshow. Fans konnten einem festen Termin entgegenfiebern, an dem Künstler und Impresario den Schleier lüfteten. Seit viele Alben schon Wochen vor dem offiziellen Termin im Internet kursieren, setzt sich hingegen das Prinzip der Schnitzeljagd durch.

Im Dschungel aus Blogs und Videoportalen gehen die Fans auf Spurensuche, stöbern unveröffentlichte Songs und Videos auf und machen sie weiter verfügbar. Oft lässt sich nicht entscheiden, ob es nicht die Marketingabteilungen der Plattenfirmen selbst waren, die die Spuren ausgelegt haben. Immer mehr Künstler verstehen, dass es an ihnen ist, das neue Spiel mitzuspielen.

So auch Madonna. Am 25. April erscheint ihr neues Album „Hard Candy“, und die Popdiva bricht schon im Vorfeld alle geltenden Gesetze des Marketing. Am 18. April wird die neue Single „4 Minutes“ in die Läden kommen. Online ist das Stück, das schon im März als illegaler Radiomitschnitt die Runde machte, aber schon seit 17. März zu kaufen. Einzelne Medien kündigen für Montag großspurig die exklusive Premiere des zugehörigen Videos an. Und sehen damit etwas alt aus: Der Online-Shop iTunes bietet den Clip schon seit Donnerstag zum Kauf an; allerdings begrenzt auf 48 Stunden. Prompt landete eine Raubkopie im Videoportal Youtube. Am Freitag um 14 Uhr MESZ war sie allerdings wieder entfernt – aus Urheberrechtsgründen.



Das Internet hat eine globale Gleichzeitigkeit geschaffen, in der es um Minuten geht. Was könnte dafür ein besserer Soundtrack sein als der Song „4 Minutes“ selbst, eine Feier erotisch aufgeladener Hektik. „Got only four minutes“, brummelt Produzent Timbaland zu Beginn zwischen die sich emphatisch aufschwingenden Wogen aus Waldhorn-Synthies+. Im Video zeigt die Frau sich als ewig junges Girlie, das sich mit dem 22 Jahre jüngeren Pop-Liebling Justin Timberlake einen knisternden Flirt liefert. Verblüffend, wie Madonna, die im August 50 wird, dank Yoga und Botox nach wie vor eine derart umwerfende sexuelle Ausstrahlung entfachen kann. Das „Material Girl“, seit einem Vierteljahrhundert im Geschäft, zeigt keine Ermüdungserscheinungen als Göttin der Verführung. Im Gegenteil: Sie macht sich selbst zum Teil einer größeren Verführungskampagne, als sie das Popgeschäft je erlebt hat. Noch bevor „Hard Candy“ erscheint, hat sie bereits Millionen an Werbeeinnahmen eingefahren. So präsentierte die Shampoo-Firma Sunsilk „4 Minutes“ erstmals in einem Werbespot beim Superbowl, der Madonnas Frisuren aus all ihren Stilphasen versammelte. Star und Produkt vergrößern hier wechselseitig ihren Ruhm.

Madonnas Geschäftssinn kennt keine Schamgrenzen. Nicht nur, dass sie mit Timberlake und dem unschlagbaren Hit-Produzenten Timbaland, der mit seinem mythischen Clubsound in den letzten Jahren Künstler von Nelly Furtado bis Björk belieferte, zwei absolute Hipness-Garanten versammelt hat; über die Hälfte der Songs auf „Hard Candy“ hat sie an Firmen verkauft, wie der „Telegraph“ berichtet. Vodafone-Kunden werden eine Woche vor der Veröffentlichung exklusiv sieben Songs hören können. Damit ist Madonna Mitbegründerin eines neuen Trends: der Musikveröffentlichung über das Mobiltelefon. Es ist gerade Timbaland, der schon einen Schritt weiter ist: Im Laufe dieses Jahres veröffentlicht er monatlich einen frisch produzierten Track – direkt aus dem Tourbus auf die Handys der Fans. Das Prinzip Album löst sich auf. Dass Künstler ihre Songs für Werbung verkaufen, ist ein alter Trend. Neu ist allerdings, dass dies noch vor der Veröffentlichung geschieht. Was soll man davon halten – Madonna, deren „Confessions“-Tour 2006 die erfolgreichste einer weiblichen Künstlerin aller Zeiten war und deren Vermögen vom Magazin „Forbes“ auf 325 Millionen Dollar geschätzt wird, begibt sich auf den Gipfel des Ausverkaufs. Hat sie es nötig? Offensichtlich nicht. Und so muss man diese Geste möglicherweise selbst als künstlerische Aussage lesen: Madonna zeigt sich als die allersmarteste Verkäuferin. Sie treibt das Prinzip Kommerz auf die Spitze.

In Online-Foren zeigen viele Fans Befremdung ob des sich offensichtlich anbiedernden „4 Minutes“, in dem es im Grunde egal ist, ob die Stimme von Madonna oder etwa Britney Spears stammt. Dabei entgeht ihnen, dass Entlarvungsakte hier nicht ziehen. Fragen nach Glaubwürdigkeit prallen an dieser brachialen Inszenierung ab. Wie passend, dass es eine Frau namens Madonna ist, die diese Botschaft überbringt: Wenn Kunst und Geschäft eins werden, dann gibt es keine Schuld mehr. Nur noch Überbietung.


Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 05.04.2008
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/

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